„Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
Ich glaub ihn.
Wer empfinden
Und sich unterwinden
Zu sagen: ich glaub‘ ihn nicht?
Der Allumfasser,
Der Allerhalter,
Fasst und erhält er nicht
Dich, mich, sich selbst?“
(Faust zu Gretchen auf die berühmte, als „Gretchenfrage“, das heißt, als die entscheidende Frage, sprichwörtlich gewordene Frage: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“; Goethe: „Faust. Der Tragödie Erster Teil)
Goethe formuliert hier seine spezifische Form des Gottesglaubens: Er war Pantheist. Das heißt, er glaubte, man könne Gott in der Natur erfahren, in dem, was er geschaffen hat.
Das christliche Personal im „Faust“ bat er selbst als symbolisch zu verstehen. Was sich spätestens in der letzten Szene zeigt, wenn die Kindsmörderin Gretchen vom Himmel als („gerettet!“) empfangen wird.
Eine bigotte Welt, in der Mädchen, die unehelich schwanger wurden, aus Verzweiflung ihre Säuglinge umbrachten (Gretchen geht auf einen historischen Fall zurück, der Goethe beschäftigte) – war nicht die Welt, in der sich Goethe seinen Himmel und seinen Gott dachte, der mit Mephisto die berühmte Faustwette abschloss.